Schulische Bildung in Breidenbach

Aus Genealogen im Hinterland
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Autor: Norbert Nossek

Ursprünge

Bis zur Reformation, die bei uns im Jahr 1518 durch Pfarrer Balthasar Kleinhenn eingeführt wurde, beschränkte sich der Lehrstoff für Schulkinder hauptsächlich auf religiöse Aufgaben. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde als Präceptor Johannes Boß genannt, der am 16.04.1654 verstarb, wobei auch die Möglichkeit besteht, dass Johannes Hauslehrer der herrschenden Familien in Breidenbach war.

1660 wurde die zweite Pfarrei errichtet, besetzt mit den Diakonen, deren die Aufgabe der Unterrichtung der Kinder im Lesen, Schreiben und Rechnen sowie im religiösen Bereich war. Bis zu der Konfirmation, die in der Regel zwischen dem neunten und zwölften stattfand, sollten die Kinder in der Lage sein, in der Bibel lesen zu können und die zehn Gebote auswendig aufzusagen.

Bis in das Jahr 1767 wurde die Schulstelle von den jeweils amtierenden Diakonen oder Pfarrern besetzt. Ab Dezember des Jahres 1767 wurde der Schuldienst von dem seitherigen Opfermann Christian Klein, der auch zum Schulmeister ernannt wurde, ausgeübt. Diesem folgte 1775 sein Sohn Johann Christian Klein. 1779 wurde ein neues Haus für die zweite Pfarrei erbaut, im dem es eigens eine für den Schulunterricht eingerichtete Schulstube gab. Johann Christian Klein erhielt im November 1812 als Assistenten seinen Neffen Johannes, der die Schulstelle 1813 übernahm.

Haus der zweiten Pfarrei in Breidenbach, erbaut 1779 auf den Grundmauern einer Kaplanei, die 1710 erwähnt wird. Das Haus diente als Sitz der Kaplane (zweite Pfarrer), später als Dienstwohnung der zweiten Pfarrei. Im Jahr 1977 erfolgte der Abriss des Hauses.

Nach der Familie Klein werden die Namen Bogius und Rothärmel genannt, über die weiter nichts bekannt ist. Als Nachfolger wurde im Jahr 1859 Philipp Winkler genannt, der am 11.01.1863 hier im Ort verstarb. Dessen Nachfolger wurde Conrad Roth, bis er als Reallehrer im Januar 1871 nach Grenzhausen versetzt wurde, bekannt als der „rote Roth vom Roth“, weil er Rothaarig war und aus dem Ort Roth stammte.

Die Lehrersippe Klein (nach Unterlagen von Adolf Reitz)

In dem nachfolgenden kurzen Ausschnitt des Stammbaumes der Familie Klein wird ersichtlich, wie das Schulwesen in ihrer Familie über Generationen hinweg verankert war. Diesen Stammbaum könnte man bis in die heutige Zeit fortschreiben, um festzustellen, dass die Nachkommen immer noch zahlreich in Lehramtsberufen tätig sind.

Nach den umfangreichen Nachforschungen des Adolf Reitz habe ich aus dessen Unterlagen folgende Aufstellung über die Lehrersippe Klein entnommen. Der letzte Lehrer Klein in Breidenbach, Johannes Klein schreibt in seinem Lebenslauf, in dem er um eine feste Anstellung ersucht, folgendes: unter Punkt 7.

„Meine erste Bildung habe ich meinem Lehrer und Großvater Christian Klein und verstorbenem Pfarrer Bergen zu verdanken. Punkt 9. An der Schule zu Breidenbach wurde ich 1813 den 5. July, allergnädigst angestellt, nach dem ich zuvor ein Jahr als Schulassistent gearbeitet; und ein Jahr in Saßmannshausen (jetzt preusisch) die dasige Schule provisorisch verwaltet habe.“

Johannes Klein, * 05.10.1792, † 09.11.1856, als Lehrer folgte er früh seinem Vater, der 1804 verstarb.

1. Ehe 18.06.1811 mit Rosina Grebe, Tochter des Gerichtsschöffen Johannes Grebe (in 1811 bemüht sich Pfarrer Beißenherz um die „Ertheilung der Assistenz“, mit Erfolg. Siehe Text)
Er wird im Jahr 1813 Lehrer in Breidenbach, nach dem Tod seines Großvaters Johann Christian. Seine erste Ehe war kinderlos.
2. Ehe 26.04.1836 mit Angelica Grebe, Tochter von Johannes Grebe und Eva Scherer
Aus dieser Ehe gehen 9 Kinder hervor.

Sein Vater
Johann Ludwig Theodor Klein, * 25.09.1767, † 19.05.1804, Schulmeister in Wolzhausen

⚭ 18.03.1792 mit Rosina Grebe, Tochter von Johannes Grebe Wolzhausen. 5 Kinder
1. Kind, Johannes * 05.10.1792

Sein Großvater
Johann Christian Klein, * 06.09.1735, † 18.02.1813, Schulmeister

1. Ehe 24.06.1763 mit Katharina Wagner aus Wiesenbach. 3 Kinder
2. Ehe 04.03.1768 mit Margaretha Henkel aus Wallau. 3 Kinder
3. Ehe 21.03.1777 mit Eva Becker aus Niederhörlen. keine Kinder
3. Kind aus 1. Ehe, Johann Ludwig Theodor * 25.09.1767

Sein Urgroßvater
Johannes Klein, * 11.09.1702 Kleingladenbach, † in Breidenbach, „Zeitiger Schulmeister, Opfermann und Organist“

⚭ 14.03.1733 mit Anna Juliane Balzer, Tochter des Henrich Balzer aus Breidenbach. 8 Kinder
2. Kind, Johann Christian * 06.09.1735

Das erste Schulgebäude (Ortschronik)

Schulhaus Breidenbach
Bildausschnitt aus einer Lithographie (Postkarte) um das Jahr 1900. Das Gebäude hinter dem Baum ist das alte Schulgebäude (1848 bis 1905).

Im Revolutionsjahr 1848 kaufte die Gemeinde Breidenbach das Wohnhaus der Familie Friedrich Bergen für 2100 fl. (Gulden). Es muss sich hierbei um ein stattliches Haus gehandelt haben, denn dieser Betrag war sehr hoch für diese Zeit. Die Familie Bergen bezog das Gemeindeeigene Haus der Gerichtsschreiber. Um das Schulgebäude mit einem Klassenzimmer zu nutzen, musste die Gemeinde noch einmal 900 fl. ausgeben. Wenn auch die räumlichen Verhältnisse gemessen an dem zu dienenden Zweck, noch recht primitiver Art war, so war es doch der erste Schritt auf dem Weg der Verselbstständigung der Schuleinrichtung überhaupt. Den Platz für eine zweite Klasse erhielt man in dem acht Jahre später neu erbauten Rathaus.

Dieses Bild ist mit größter Wahrscheinlichkeit vor diesem ersten Schulgebäude um 1880/82 entstanden. Es ist zu erkennen, dass es sich hier ausschließlich um Mädchen handelt, von denen die jüdischen Mädchen nicht in Tracht gekleidet sind, mit Lehrer Sprado (rechts hinten).
Einweihung des neu erbauten Schulgebäudes am 6. Dezember 1905. Das Gebäude wurde mit einem Kostenaufwand von 39000 RM und einem Staatszuschuss von 10.000 RM an gleicher Stelle des vorherigen Schulgebäudes erbaut. Es hatte drei Klassenzimmer und zunächst zwei Lehrerwohnungen im Obergeschoss. Durch den ständigen Ausbau der neuen Schule in der Schulstraße wurde dieses alte Gebäude nicht mehr gebraucht und an die Firma Radio Dörner verkauft. In jüngster Zeit wurde es zu einem Teil der Verwaltung der Firma Buderus umgestaltet.

Rathaus als Ausweichklasse der Schule

Rathaus Breidenbach.jpg

Das alte Rathaus wurde erbaut im Jahr 1856. Nach einem Dachstuhlbrand im April 1912 wurde es um ein Mansardenstockwerk erhöht. Es beinhaltete in der mittleren Etage einen Raum, der für schulische Zwecke zu Verfügung stand.

Zunächst war hier ein weiterer Klassenraum der Volksschule untergebracht. Ab 1860 diente der Raum der Gewerbeschule. Der Unterricht wurde im Winter an zwei Abenden von 8-10 Uhr und an den Sonntagen vormittags von 8-10 und nachmittags von 13-15 Uhr erteilt. Das Papier wurde meistens gratis gestellt. Beispielsweise erhielt unsere Gemeinde 450 Mark und nach dem Neubau der Schule im Jahr 1910 vom Central-Gewerbeverein Wiesbaden nochmals mit 450 Mark zur Einrichtung von Zeichentischen. Viele junge Leute von hier und aus der Umgebung haben sich in der Fremde selbständig gemacht und es zu etwas gebracht. Als ausgebildete Maurer gründeten einige Baufirmen im aufstrebenden Ruhrgebiet. Von allen konnte man später hören: „Die Ausbildung im Gewerbeverein hat mir meine Existenz gründen helfen“. So wirkten diese Vereine in Segen, bis die sozialdemokratische Regierung diese gute soziale Einrichtung über Bord werfen wollte, indem sie erklärte: „Vereine bekommen keine staatlichen Zuschüsse mehr.“ Nun wurden die Gemeinden Träger der Schulen. Es stellten sich aber unangenehme Schwierigkeiten ein. Der Beitrag, der zuletzt 5 Mark betragen hatte, wurde noch erhöht. Der Fachunterricht wurde teilweise nach Biedenkopf verlegt. Die Gemeinden waren froh, als der Kreis die Schulen übernahm. Jedenfalls war das frühere System das billigere und zu damaliger Zeit das Beste und führte zum Ziel.

Früher erteilten die Lehrer der Volksschule den Unterricht. Heute sind dafür geprüfte Gewerbelehrer angestellt. Die letzten Lehrer der Breidenbacher Gewerbeschule waren Hauptlehrer Gücker, Gewerbelehrer Feisel aus Dodenau und Gewerbelehrer Müller aus Gönnern.

Die Vorsitzenden des Vereines waren:

Von 1860 bis 1879 Pfarrer Kobelt, bis 1893 Pfarrer Färber, bis 1898 Pfarrer Böckel, bis 1911 Bürgermeister Kinkel, bis 1923 Schreinermeister Jost Runkel. Von da an bis zum Schluss Schreinermeister Christian Runkel. Lange Jahre war der Maurermeister Jost Thomä als techn. Zeichenlehrer hier tätig. Seit 1938 ist die Gewerbeschule ganz nach Biedenkopf verlegt.

Techn. Zeichnung Gewerbeschule Breidenbach 1.jpg
Technische Zeichnungen …
Techn. Zeichnung Gewerbeschule Breidenbach 2.jpg
… aus der Breidenbacher Gewerbeschulzeit

Die Haushaltungsschule (Chronik Runkel)

In Breidenbach bestand seit dem Jahr 1860 ein Gewerbeverein. Dieser Verein finanzierte die Gewerbeschule, deren Klasse im Gemeindehaus untergebracht war. Mit dem 1. August 1911 wurde eine Haushaltungsschule eingerichtet, deren Zweck es war, die Mädchen der oberen Schulklasse in Kochen, Bügeln und hauswirtschaftlichen Arbeiten zu unterrichten. Dafür wurde ein Raum im alten Rathaus zur Verfügung gestellt und Frau Elisabeth Schmidt (Lieses) als Lehrerin eingestellt. Die laufenden Kosten dieser Schule wurden der Gemeinde mit 140 Mark pro Jahr vom Kreis vergütet.

Die Mädchen und junge Frauen der Kochschule vor Schlessersch Haus

Auflistung der Lehrer in Breidenbach (H. Udo Staudinger)

Christian Sprado: 1871–1883

Geb. 1846 in Weilmünster, 2 Jahre in Wolzhausen/Quotshausen; 1883 nach Kirberg versetzt

J. J. Lenz: 1883–1893

Geb. 1850 in Gönnern; 1875–1877 in Dodenau, kurz in Frechenhausen/Lixfeld, 1877–1883 in Caub; später nach Limburg

Carl Haak: 1887–1923†

Geb. 1866 in Altweilnau, erste Stelle in Breidenbach, zweiter Lehrer; im Ersten Weltkrieg einziger Lehrer, 1916/17 unterstützt von Lehrer Schumann aus Breidenstein, zeitweise auch zuständig für Kleingladenbach. Verheiratet, keine Kinder. Stelle 1. Lehrer mit Kantorstelle verbunden, deshalb erst April 1923 erster Lehrer, gest. 20.10.1923, danach 2 Monate Vertretung Albert Schuster (danach nach Wallau)

Johannes Künkel: 1893–1901

Geb. 1863 in Wiesenbach, 1883–1893 in Kleingladenbach; August 1901 nach Hochheim/Main

Karl Hoßbach: 10.1901–10.1906

Geb. 1866 in Wanfried, 1888–1901 in Niederdieten; 1.11.06 nach Weyer (Kreis St. Goarshausen)

Rudolf Schneider: 4.1907–11.1911

Geb. 1886 in Frankfurt; 1911 zum Militärdienst

Albert Schauß: 4.1909–7.1914, 1.1919–5.1933, 10.1945–12.1948 Ruhestand

Geb. 11.7.1883 in Frankfurt-Sachsenhausen, 4 Jahre in Damshausen/Diedenshausen, Soldat im Ersten Weltkrieg, 1933 entlassen (seine Frau Jüdin, 1943 in Frankfurt verschleppt, gest. 9.1943 in Auschwitz). 1945 Schulleiter, gest. Nov. 1966

Edmund Eschhofen: 11.1911–12.1922

Geb. 1883 in Lollschied/Unterlahnkreis, Vater dort Lehrer. 8 Jahre an verschiedenen Schulen im Westerwald, 1915/16 Soldat, 4.1917–4.1918 in Wolzhausen, ab Okt. 1918 Hauptlehrer. Jan. 1923 Rektor in Okriftel (Kreis Höchst)

Wilhelm Lüber: 7.1923–10.1930

Geb. 1897 in Frankfurt; bis 1923 in Biedenkopf und Wallau; später zur Mittelschule nach Kirchhain, Vertretung: Junglehrer Erich Brinkmann

Wilhelm Marx: 12.1923–9.1925

Geb. 1898 in Usingen. 1925 nach Oberhausen

Hermann Bott: 12.1925–10.1936

Geb. in Greifenstein; 22 Jahre in Krumbach; 1936 Hauptlehrer in Hartenrod (NS-Mann)

Vera Degler: 4.1931–3.1938

Kommt mit Mutter und Schwester; 1937 Nervenzusammenbruch, 1938 nach Hartenrod

Walter Thomas: 1.1934–3.1938

Geb. 1902 in Wiesbaden; nach Tod der Mutter ab 1917 in Wallau (Heimat des Vaters); verschiedene Lehrerstellen, 1931–1933 in Ostpreußen, 1938 nach Wiesbaden

Jakob Gücker: 5.1937 – 12.1941(?)

Geb. 1902 in Dodenau; bis 1937 in Biedenkopf und Dexbach; wohnt 1950 in Braunfels

Hegerich: 8.1937–7.1938

aus Limburg; nach Holzhausen (Kreis St. Goarshausen)

Rosa Labonté: 4.1938–8.1938

aus Frankfurt, später im Westerwald

Johanna Madersbacher: 8.1938–12.1940

Geb. 1917 in Matrei am Brenner

Adolf Ohl: 10.1938–?

Geb. 1903 in Flacht (Kreis Unterlahn); 1931/32 in Buchenau, 1932–37 in Ostpreußen, 1937–1938 in Achenbach, 1945 kurz in Breidenbach

Willi Ungeheuer: 1.1941–7.1941

Geb. 1912 in Herborn, Schulhelfer

Anneliese Müller: 8.1941–?

Geb. 1921 in Essen; ab 11.1941 krank

Albert Schauß ab 10.1945 (s. o.)

Erika Stern: 10.1945–3.1948

Geb. vor 1900 in Ostpreußen, Stellen in Brandenburg, zwischendurch 4 Jahre in Dornburg (Thüringen), 1933–1945 an polnische Grenze (Kreis Friedeberg) strafversetzt (SPD!), 1948 nach Marburg, Schulrat Tilgner kennt sie aus Brandenburg

Karl Weigand: 10.1946–7.1950 (8.1951)

Geb. 1924 in Frankfurt, Maschinenschlosser, 1942 Abitur am Abendgymnasium, 1945/46 Studium, erste Stelle in Breidenbach; leitet Zeltlager in Holzhausen 29.5.–31.8.49; 8.1950 ein Jahr nach USA beurlaubt, nach 2 Wochen Unterricht zum Studium nach Frankfurt beurlaubt, 10.1952 versetzt, später Professor in Flensburg; † 3.9.1994

Karl Rossbach: 10.1947–12.1948, 5.-7-1950

Geb. 1926 in Wallau, ab 1944 Soldat, amerikanische Gefangenschaft; ab 3.1946–1947 in Kleingladenbach, dann als Schulhelfer nach Breidenbach, 1949–1950 und 1951–1955 in Achenbach; später Rektor in Wallau

Wolfgang Wagner: 4.1948–7.1973 Ruhestand

Geb. 18.10.1908 in Frankfurt, 1930–1940 arbeitslos oder Kurzstellen, danach Soldat, bis 1.1948 in französischer Gefangenschaft. 12.3.1952 Hauptlehrer, 1.7.1963 Rektor, 1973 Ruhestand, wohnhaft in Gießen-Wieseck, † 1999?

Gertrud Tham verh. Hartel (9.1951): 4.1948–10.1952

Geb. 1920 in Trautenau/Riesengebirge; 4.1940–8.5.1945 mehrere Schulen im Sudetengau, Flucht, Wartezeit. 11.1952 nach Altenhain (Main-Taunus-Kreis)
Erstes Lehrerkollegium nach dem Zweiten Weltkrieg, von links: Wolfgang Wagner, Albert Schauß, Gertrud Tham, Margarethe Lauber (Schulspeisung), Karl Roßbach und Karl Weigand
Schulspeisung: Margarethe Saat geb. Lauber bei der Verteilung an berechtigte Schulkinder